Es ist windstill und riecht nicht nach Fisch

Aus dem fahrerseitig heruntergelassenen Seitenfenster im Fond eines vorbeifahrenden Auto spritzt eine niedrigviskose Barbecuesauce, die lange in der Luft steht und dann zögerlich abregnet wie ein verglimmendes Feuerwerk. Denkbare Koinzidenz: ein Eichhörnchen erstarrt in seinem rastlosen Wirken, die rötlich behaarte Pfote fährt in einer theatralischen Geste zum Herzen: tot!

Ein Akkordeonspieler steht an einem baltischen Dünenübergang und spielt ein virtuoses Medley aus slawischer Volksmusik und Ace-of-Base-Motiven. Der Musikant trägt ehemals weiße Turnschuhe. Vor ihm, auf einem Weg aus Betonplatten, der sich zu einem niedrigen Dünenscheitel aufschwingt und sich dann zum Gestade hinab im Sand verliert, ist ein Gefäß aus Plastik aufgestellt, wie es zum Einfrieren von Speisen dient; darin Münzen. Am Strand füttern Menschen in Freizeitanzügen Wasservögel mit Weißbrot – wohl vorwiegend aus Gründen des Materialerhalts. Am Horizont sind diverse regungslose Fähren und zwei Zerstörer befestigt. Das Maritime ist mir wie eine träge dümpelnde Qualle im Siel geworden.



14. Oktober 2010