Erfasse Satelliten
In sieben Metern Entfernung versilbert der Vollmond die Fassade eines Wohnhauses dessen Lichter seit Stunden erloschen sind. Der kleine, aus flüssigem Kristall gebildete Bildschirm des Handgerätes hat chamäleongleich die Farben der Nacht angenommen. Künstliches Firmament in königsblau, veränderliche Informationen indess von lebhafter Farbigkeit. Zaghaft erscheinen, vor avanciertester Elektronik strotzende, Himmelskörper am persönlichen Horizont aus Pixeln, fahl noch und wirkungslos in ihrem spitzem Winkel zu mir. Mit ihrer Reise in mein Gesichtsfeld erstrahlen die Satelliten zunehmend in den schönsten Farben, um dann, mit dem Überschreiten meines Zenithes, erneut in Nutzlosigkeit zu verblassen. Ein kleines, schimmernd egozentrisches Weltmodell, betrieben von zwei Mignonzellen. Ändere ich meine Blickrichtung, formiert sich das Universum relativ zu mir neu. Alle Autobahnausfahrten, Hotels, ertragreiche Steinpilzstellen, Karpfenpopulationen oder Raketenstellungen der Hisbollah als digitale Peripherie meines Ichs. Jene, als Brosamen von der Tafel hungriger Herrscher gefallene Technik, straft Stillstand mit Ungenauigkeit. Entstammt sie doch rasenden Geschossen, welche mit geringster Toleranz rechnend, die Wohnhäuser und Wirkungsstätten bärtiger Krieger zentimetergenau ansteuert, um dort, zusammen mit den Feinden, in Detonation und Flammenmeer zu vergehen.
9. September 2006
Neues GPS-Gerät gekauft?
Ja.
Hätte auch gut zum 11. September gepasst ;-)