Die Apokalypse kündigt sich heuer durch zwei Zebrafinken an

Jesus ist unsere Zukunft, ruft eine Frau schon von Ferne, während sie auf dem nassen Laub mit dem Fahrrad einhändig lenkend, auf mich zuschlingert. Sie trägt selbgestrickten Schal, Mütze, Handschuhe und Stulpen aus rosa Glitzerwolle und streckt mir einen kleinen Kalender für 2008 entgegen — offenbar als Geschenk. Übrigens in jeder Hinsicht, sagt sie, entweder als Erlöser oder aber als Zerstörer, und ihre unsteten Augen glänzen und strahlen in reinstem bleu obwohl sie scheinbar Mitglied einer ulkigen Endzeitsekte ist. Ich so (in Gedanken), aha, dieser Jesus ist also so ein Typ wie Rambo, nämlich Märtyrer und Vollstrecker in einer Person. Durchaus ein neuer Aspekt für mich. Danke für die Info! Kontrapunktisches Element der Situation ist nun aber der mir angediente Kalender. Zeigt doch das Deckblatt zwei einträchtig auf einem Zweige in der Sonne sitzende Zebrafinken, welche die Schnäbelein in zärtlichster Innigkeit aneinander reiben. Stunden später fällt es mir wie Schuppen von den Augen, es handelt sich natürlich um ein Symbolbild: der eine Vogel heißt Erlösung, der andere Zerstörung, die zu überwindende Dualität materialisiert sich in den Körpern zweier verschmelzender Zebrafinken. Auf deutsch gesagt: der Heiland hat einfach keinen Bock mehr bei seinem nächsten Erscheinen auf diesem Planeten wieder Bart und Sandalen zu tragen.



17. November 2007