Herr No entdeckt ein kleines Eiscafé
Als ich mich neulich anschickte einen Spaziergang im nahen Stadtwald zu unternehmen wegen der ansehnlichen Laubfärbung unter anderem. Es gibt dort ein unscheinbares Eiscafé, ich übersah es wohl bislang, man führt auch Biowaren, aber es ist zweifelhaft möbliert. Ich so, hach ein Eis jetzt, vielleicht noch von guter Qualität. Als ich die gelblackierte Schwingtüre zu der Gaststätte aufdrücke, sitzt da eine Frau mit einer Tennisschlägertasche am Tresen. Mich gewahrend verharrt ihre Espressotassenhand irgendwo zwischen Mund und Tischplatte und stellt sodann zögerlich die Tasse direkt neben den Tisch, daß diese auf dem Kachelboden in 1000 Teile zerschellt und der umherspritzende Türkentrank auch Kleidungsstücke befleckt. Ich so ja hier einmal Heidelbeer-Joghurt, Caramel und Straciatella, was soll man machen, der Betrieb muß ja weitergehen. Dann dampfe ich ab mit meinem Speiseeis und blicke kurz durch die großzügige Fensterscheibe in den Innenraum. Angestellte mit Lappen, rote Ohren und Lassen Sie mal, ich mache das schon. Schön, das ist ja recht schmeichelhaft für mich im Moment, das Malheur ereignete sich schließlich weil ich ein gut bis sehr gut aussehender Mann in den besten Jahren bin, aber das wäre doch nicht nötig gewesen, man bestellt doch solche aromatischen Getränke in erster Linie wegen ihrer vitalisierenden Wirkung und weil sie angenehm temperiert sind. Frauen werden wohl heutzutage nicht mehr ohnmächtig und lassen auch nicht das Taschentuch fallen. Das sind Dinge die es nicht mehr gibt: Mieder mit Fischbein, spitzenbesetzte Taschentücher sowie gezückte Riechsalzfläschen.
Ohnmacht bei Frauen: Relikt längst vergangener Epochen oder zeitgemäße Unpässlichkeit? Sollten Frauen wieder häufiger in Gesellschaft ohnmächtig werden? Was meinen Sie? Ihre Meinung ist gefragt, diskutieren Sie mit!
17. Oktober 2007
Möge dieses Eiscafe baldigst „weitgehend Ballermann für Akademiker und Neureiche … hoffentlich gehen die ganzen Künstlertypen&Partychicks aus Sindelfingen und NY irgendwann alle da hin. Bitte.“ und dann ergreifen solch leicht ergriffene Frauen nämlich die Flucht.
Und Sie wird der Blitz treffen. Oder Sie retten sich nach Hamburg dann. Und glauben Sie ja nicht, dass hier ein gut bis sehr gut aussehender Mann in den besten Jahren Fischbein wieder aufleben lässt.
So, das hamSe jetzt davon.
Ja gut, Ihre Verwünschungen nehme ich mit einiger Erheiterung zur Kenntnis. Zum Thema: Wird Ihnen auch manchmal mau zu Mute wenn Sie Männern wie mir begegnen, die durch Eloquenz und athletischen Körperbau zu begeistern verstehen? Greifen Sie dann auch verzweifelt zur Piccoloflasche um den Kreislauf zu stabilisieren, anstatt sich fallen zu lassen und köstliche Momente später, beschützt in den starken Armen eines Galans, die langbewimperten Augen erneut aufzuschlagen? Das Problem mit Ihrem Hamburg ist, daß es da nur Matrosen gibt und Fischhändler. Deswegen ist Ihnen das fremd.
Ich habe keine langen Wimpern. So fängt das schon mal an.
Ach so, Sie meinen es liegt daran? Ich versichere Sie, ein Gentleman sieht über solch einen kleinen, geradezu nichtigen Makel hinweg, da sein Handeln — sein alertes Herbeispringen vornehmlich der Etikette verpflichtet ist. Nebenbeibemerkt kann eine Dame mit einem geschickt plazierten grain de beauté viel wett machen, wenn Sie mir diese wohlmeinende Anregung gestatten.
Ich weiß nicht recht. Macht oder Ohnmacht? Beiderlei problematisch. Wäre am Ende auch die Frage: Windeln oder Pampers?
Hmm, was wollen Sie eigentlich mit dieser angetäuschten Proportionalgleichung sagen?
Das Prinzip Himmel und Erde verhält sich so zu Kinderspielzeug und der Playmobil Tankstelle.
Oder ähh
Auschwitz zu Disneyland wie der homo oeconomicus zu John Maynard Keynes. Gut und sonst so?
Nu, nee. Für Ohnmacht braucht es ja allererstes eine Gesellschaft: eine Geselllschaft und nicht etwas eine Gesellschaft. Die ist aber genauso wie das Proletariat verschwunden. So etwas gibt vielleicht noch an manchem Hofe eines südmarikanischen, ostasiatischen oder mittelafrikanischen oder englischen Staate. Zur Ohnmacht braucht es einfach zweitens auch Atemnot – aber, da Rauchen in Gesellschaft auch bald vorbei ist? Und beim Tauchen wirkt Ohnmacht so wenig wie Tassenfallenlassen.
Sie sagen es. Des Pudels Kern ist zudem die geringe Gentlemandichte in Berlin. (Von Hamburg möchte ich gar nicht reden.) Ereilte eine Dame eine Ohnmacht, in der Untergrundbahn oder einem sauerstoffarmen Lichtspieltheater beispielsweise, so würde ihr vermutlich mitnichten ritterliche Hilfe zuteil, der Vorfall würde bestenfalls als kurios wahrgenommen, mit dem Handy gefilmt werden und für oops – Die Pannenshow eingeschickt werden oder bei diesem Youtube. Das Ständegefüge ist mittlerweile so ungünstig gen Fundament verschoben, daß sich eine Dame von Stand nur noch von Standeslosen umgeben wähnt und somit ihr Vertrauen in eine höfliche, vielleicht gar amouröse Auflösung sich einstellender Schwäche darniederliegt.
Ach so, und was ist mit den jungen Damen und Burschen, die danieder sinken vor den Bühnen von Tokio Hotel und so? Das hat Stil, wenn auch einen anderen, als Sie sich herbei romantisieren wollen.
Gibt es. Nur, für Amouröses, Zuvorkommenheit, Ritter u.s.w. haben die Leute von heute andere Bezeichnungen. Handy, Youtube und Blogs ersetzen nun den Fächer, hinter dem getuschelt wird.
Übrigens, so erwähnte Punkte gibt es bei mir ganz ganz ganz viele. Ich würde gerne sehen, wenigstens darüber lesen, wie das aussieht, wenn Sie bei Anblicken aus den Latschen kippen.
Galant ist das nicht,
dass die von mir gesetzten Zeilenumbrüche hier verschwinden.
Ein vorzügliches Beispiel, Sie haben völlig recht! Tatsächlich sind wohl solche Popkonzerte die letzte Nische der Ohnmacht. Ein Autogramm von Bill Kaulitz entgegenehmen und mit einem befriedigten Seufzer umkippen. Fanatische Begeisterungsfähigkeit auch bis zum körperlich Äußersten ist wohl das Privileg der Jugend.
Welche Punkte meinen Sie übrigens, dürfte ich Sie bitten, dies zu meinem Verständnis anhand eines Beispiels zu illustrieren? Ferner muss ich Sie bezüglich des aus den Latschen kippens enttäuschen, meine Konstitution gleicht der eines Elefanten. Wie Sie sich vielleicht denken können dem eines recht stattlichen Elefantenbullens mit beeindruckenden Schlappohren, einer sehr schön und reizvoll strukturierten Haut und nicht zuletzt einem wohlproportionierten sowie höchst funktionalen Rüssel, der — zur Erbauung der Herde — Sand und Oasenwasser meterhoch in den Himmel über der Savanne zu schleudern vermag.
Ach so, na ja, dann könnSe ja gar kein Auge haben für zartgefleckte sibirische Gazellen.
Sibirische Gazellen haha, an den Haaren herbeigezogen und ein wenig albern.
Sehen Sie doch bitte einmal hier, offenbar ist das künstliche Herbeiführen einer Ohnmacht ein recht populärer, wenn auch morbider Sport unter Jugendlichen. Allerdings möchte ich Sie inständig ersuchen, daß dort Gesehene keinesfalls leichtfertig zuhause selbst auszuprobieren.
Zartgefleckt ist übrigens eine schöne konsonantenreiche und dennoch liebliche Gelegenheitsbildung, allemal schöner als kztöppjszy, und Google – natürlich – noch völlig unbekannt. Sich aus der lameng mühelos ein handliches mot juste basteln zu können ist wohl eines der überkrassesten Features der deutschen Sprache.