Der junge Mann bekommt schon
Die Welt ist mitunter nicht so organisiert wie es mir vorschwebt. Ob man mir wohl helfen könne, fragt eine junge Verkäuferin mit nagetierhafter Physiognomie mich forsch und mit antrainierter Munterkeit, sobald ich, mit vagen Kaufgelüsten schwanger gehend, an den Regalreihen der Sportabteilung eines führenden Kaufhauses entlangstreiche wie ein geschmeidiges Wildtier und ein Paar der zum Verkauf bereitgehaltenen Sportschuhe zögerlich prüfend in der Hand wiege. Ich verneine recht höflich und sie bleckt als Replik ihre bugsbunnyesken Schneidezähne. Ja, der Schuh sei ein sehr gutes Modell, also richtig top sage sie mal so, und zudem mit Gore-Tex ausgestattet. Allerdings würde selbst ein Blinder mit Krückstock, das, die Verwendung des atmungsaktiven Kunststoffgewebes bezeichnende Signet gewahren, welches schier unübersehbar an der Sohlenkante des Schuhwerkes prangt; somit wird meine Ahnung zu trauriger Gewissheit: die Worte der Fachverkäuferin sind nicht nur nutzlos, sondern zeugen auch von akuter Verblödung und einem hochgradig pervertierten Servicegedanken. Auch daß die Schuhe aus Herzogenauracher Provenience für schlanke Athletenfüße gearbeitet wurden, ist mir nicht neu. Es handelt sich vielmehr um einen alten Hut. Da pfeffer ich die Botten lieber gleich zurück ins Regal und strebe fluchtartig, sinnbildlich mit wehenden Rockschößen, gen Ausgang. Ich hasse Verkaufsgespräche. Das können sich jene Objektleiter, die ihre Angestellten zu penetranter Geschwätzigkeit drillen, getrost ausdrucken, mit dem Textmarker anstreichen und hinter den Spiegel stecken. Der Witz am Einzelhandel ist schließlich, daß ich die Waren persönlich in Augenschein nehmen kann; nicht – unter keinen Umständen – wünsche ich jedoch angesprochen zu werden. Beabsichtige ich allerdings einen Schuh anzuprobieren, so erwarte ich, daß umgehend dienstbare Geister lautlos um mich herum schwarwenzeln und sowohl schweigsam als auch ganz Ohr werdend, meine Direktiven entgegennehmen, gleichsam aufsaugen wie ein Haushaltsschwamm, namentlich mir die gewünschten Schuhkartons mit langem Arm und einem angedeuteten Knicks aushändigen und sodann, in botmäßigem Abstand, devot den Blick senkend, mit der Wand, respektive der Auslegware zu schemenhafter Undeutlichkeit verschmelzen wie ein stummes Chamäleon in der Winterstarre, bis ich ihnen eine weitere Schuhgröße zuraune, auf daß meinem Wunsch mit wieselhafter Geschäftigkeit und eifrigen Bücklingen entsprochen werde.
5. April 2008
Wurde jetzt aber auch Zeit, daß Sie mal wieder dazwischenhauen.
Vielleicht gefällt mir deswegen dieser Satz
„Da pfeffer ich die Botten lieber gleich zurück ins Regal und strebe fluchtartig, sinnbildlich mit wehenden Rockschößen, gen Ausgang.“
auch besonders gut.
Von da ab geht’s nämlich richtig zur Sache.
Wunderbar.
Auch wenn es nicht „schwarwenzeln“ heißt. Oder ist das etwa eine niederträchtige Verballhornung , die nur darauf abzielt herauszufinden, wer sie bemerkt und b) erwartet einseitig interpretiert?
Ich freue mich auf den Keks! (Weil ich als zweites immer nur ans Essen denke, genau )
Der Fehlerteufel hatte sich mal wieder nicht eingeschlichen, Sie haben vielmehr den raffinierten Aufmerksamkeitstest mit Bravour bestanden. Herzlichen Glückunsch!
Aber wehe, wehe, wehe!
Wenn ich auf das Ende sehe!
Sie sind the Devil in disguise.
Ich gebe mich geschlagen. Hiermit.