Schöner Shoppen
Parallel zur zurückweichenden Schlange vor der Kasse nähert sich schlurfend und gebeugt ein Schrat, der einen Becher Schokoladenpudding mit Schlagsahne à 39 Cent zu erwerben gedenkt. Seine zu grindigen Bandagen verkommene Kleidung schlottert in Placken bis zum Fußboden herab, aus einem Riss, vielmehr einem Brandloch in seiner zerschlissenen Sporthose hängt faltig der Penis des Mannes heraus. Sie müssen wissen, daß man hier gewöhnlich als Garderobe malvenfarbene Sommerkleider aus blickdichtem Organza, weiße Söckchen in cremefarbenen Wildledersandalen sowie leichte Sommerhemden mit maritimen Windjammermotiven in bleu nebst Unterhemd aus Feinripp bevorzugt, jedenfalls gilt es hier in Charlottenburg wohl gemeinhin als schicklich, in der Öffentlichkeit sein Geschlechtsteil hinter Tuch zu verbergen. Mit der Einbuße gesellschaftlicher Reputation geht offenbar immerhin das Recht zum Einkauf an der selbstgeschaffenen Expresskasse einher. Mit dürren Fingern, ebenso wie sie der Spielfilmregisseur Steven Spielberg dem in seinem Lichtspiele auftretenden Außerirdischen angedeihen ließ, wird die den Kauf besiegelnde Münze gereicht, niemanden würde es wundern, tröffe jetzt blasenwerfender Schleim von der knochigen Hand des Berbers, welcher nach Abschluß des Einkaufs noch ein wenig, so unabsichtlich sein Glied schwenkend, im Kassenbereich umhertaumelt und bald heiser krächzend, bald einem jungen Wildschweine gleich in höchsten Höhen quiekend der Handelskette mit Polizei und Staatsanwaltschaft droht, sollte das Dessert vergiftet sein. Haha, die sich zu Götterspeise transformierenden Physiognomien der ebenso erzürnten wie beschämten Bürger. Gerne spulte ich die Situation mit allen Beteiligten zurück und ersetzte den Unberührbaren testweise durch ein nacktes, junges Mädchen mit anmutig wallenden blonden Haaren.
Im Übrigen fühle ich mich nicht selten heftigst abgestoßen von den obzön aus Trekking-Sandalen lugenden, leichenblassen, deformierten und mit gelblich verknorpelten Nägeln behafteten Zehen mancher Fetish-Freaks Mitreisender im ÖPNV. Man muß das mal ansprechen.
18. Juli 2007