Bullerbü 2011

Ich esse ein Gorgonzolatoast auf dem Balkon und die Sonne scheint mir ins Gesicht. Die Flügelschläge gravitätischer Gänse vor blass durchsonntem Cyanhimmel. Väter, Mütter, Kinder, Hunde und Kinderräder. Es herrscht Kaiserwetter. Bekanntschaften und berufliche Pläne aus denen was wurde. Menschen, die sich eine eigene Primärgruppe aufbauten, mit aller erforderlichen Peripherie wie Elektro-Vertikulierern, Playmobil-Tankstellen, Messerblöcken, Terrakottagänsen und Family-Vans. Das Leben lässt sich auch als lebenslänglich und pragmatisch zu lösende Logistikfrage betrachten. Kleinschrittige materielle und soziale Strukturbildung, die das Weltall und das schwarze Tier in behaglich unsichtbare Ferne rücken. Geliebtes kleines Pflaumenkuchen-Universum. Auch der betrunkene Fahrgast, der tourettesyndromhafte Satzfetzen wie Du katholische Fotzensau ins Nichts des nächtlich verlassenen Bahnhofs unten kreischt und sodann einen gurgelnden Schwall ins Gleisbett speit, ist was – nur kein sinnvolles Glied der Gesellschaft. Mein Beitrag zum Gedeihen des deutschen Vaterlandes liegt im wesentlichen darin, daß ich Steuern bezahle; ich reproduziere mich nicht und ich schaffe kein Weltkulturerbe. Allerdings stelle ich mich auch nicht offen feindlich gegen die Gesellschaft durch nächtliches Lärmen, aufs Perron Erbrechen oder das mutwillige Zerschlagen von Leergut. Programmatisch gesehen bin ich quasi die SPD der Asozialen.



10. Februar 2008