Für die Vernichtung der Zeit
Wie behaglich Berlin in werktäglichen Nächten ist. Wenn die Bahnen nicht mehr von griesgrämigen Arbeitern bevölkert werden oder von diesen unsteten trunkenen Rotten ergebnisorientierter und hysterischer Hedonisten wie am Wochenende. Sondern von einem gutaussehenden Italiener, der still ein Buch liest, und dann den leise summenden Fernsprecher zückt und recht schön betont mitteilt, daß er in der S-Bahn sei und in 20 Minuten daundda. Ein Mädchen, das sich aufbrezelt, und das Ergebnis mit dem Telefon photographiert und zur Selbstkontrolle zufrieden ansieht auf dem winzigen Bildschirm des Apparates. Schwarzhaarige Nyx und Tochter des 21. Jahrhunderts. Sie trifft sich um eins am Bahnhof Alexanderplatz mit einem jungen Mann dessen Haupthaar lang und blond ist und der sie leidenschaftlich auf den Mund küsst. Sie werden mutmaßlich etwas Schönes zusammen machen. Hier weht ein anderer Wind, der gellende Schrei der Werkssirene, das Trotten der Arbeiterstiefel und der bange Blick auf die Armbanduhr ist fern. Es ist schön, jetzt die Laufschuhe anzuziehen, zwischen drei und vier, wenn die Motoren der Kraftfahrzeuge verstummen und sich agile Kaninchen aus den blühenden Forsythienbüschen wagen zu einem frühlingshaften Reigen auf einer Siedlungswiese und die Luft frisch ist und die Straßen still, alleine das Fahrrad eines Botens, der Zeitungen in Briefschlitze steckt, quietscht eierig. Lebensfeindliche Unorte, die temporär zu karger, einsamer und schöner Nachtlandschaft erblühen. Jähe Betonfelsen und neblige Grünanlagen, schummrig erleuchtet von gelb blinkenden Ampeln, durch die ein Fuchs schnürt. Dann der Ruf der erwachenden Vögel, die ersten Düsenflugzeuge die aufsteigen ins rote Gestirn und die Morgensonne, die den Stahlbeton der Profanbauten färbt und den knotig hervorquellenden Qualm aus den Kraftwerksschloten, den der Wind nach Osten treibt und die Kähne, die Kohle geladen haben für den nimmersatten Schlund der Kohleverstromung. Aus Farnen des Karbons abgerufene Energie für unsere Hauptstadt, für die just jetzt musizierenden Radiowecker, die zu gluckern beginnenden Kaffeemaschinen, die ersten Webseiten, die aufgerufen werden von informationshungrigen Bürgern. Das ist der Moment um zu Staub zu zerfallen oder in einem Bad, heiß wie Magma, zu vergehen, während weit weit entfernt die Mülltonnen ruppig entleert werden von dicken schwieligen Arbeiterhänden.
14. März 2008
guten tag
ich bin auch ein verfechter dieser theorie
gerne würde ich weiteres material von ihnen geschickt bekommen.
Jedoch sticht mir dieser Fehler in der 17. Zeile immer wieder ins Auge! Er verfälscht dadurch den ganzen Artikel