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Der Deutsche ist wenigstens evolutionär auf ganzer Linie gescheitert, wenn man ihn beispielsweise mit dem Hund vergleicht. Dieser ist sein ganzes Leben lang begeisterungsfähig und munter, er findet Gefallen an den größten Nichtigkeiten; Begeisterung, die nicht selten in Ekstase kulminiert, selbst wenn nur ein vollgesabberter Tennisball der Anlass ist. Hunde sind genügsam, fatalistisch, vergesslich und blöd, also optimal gewappnet um am domestizierten, somit unwölfischen Leben nicht zu verzweifeln. Im Gegensatz zum sentimentalen und degenerierten Deutschen, der einerseits intelligent genug ist, Fußbodenheizungen und Wunderwaffen zu ersinnen, andererseits aber nicht intelligent genug ist, seiner Gefühle, namentlich denen des Leids und seiner ihn verzehrenden Triebe – Kraft seines Geistes – Herr zu werden. Er neigt zur Schwermut, es ist in seinen Genen so angelegt, und wird zusätzlich noch befeuert durch den Konsum von Klassik, durch Goethe und diese ganze niederschmetternde Musik in Moll; der Alpdruck lässt sich weder durch Schunkeln, noch durch das Anzetteln von Weltkriegen dauerhaft abschütteln leider.
Unter anderem deshalb liebt der Deutsche den Hund, wie Hitler seine Hündin Blondie, da er in ihm das erblickt, was er gern wäre, vielleicht nach der Wiedergeburt oder so: ein wehrhaftes und doch flauschiges Wuscheltier mit stattlichen Reißzähnen und gütigen Augen, das sein Leben mit schlafen, ficken, fressen und kacken freudig füllen kann ohne dabei zu verzweifeln und sein Scheitern als solches zu erkennen. Dem Deutschen gelingt das nicht, ob er sich unter das Joch seines genetisch eingeschriebenen Säugerprogramms beugt, oder ob er sich diesem verweigert, die Welt wird von ihm immer als im Grunde fade und fahl wahrgenommen. Daher sind die deutschen Städte so entsetzlich häßlich und Angela Merkel ist Bundeskanzlerin, der Schmerz drängt nach aussen, aus den Gehirnen in die Welt, all das ewige Elend der Deutschen materialisiert sich so als Ding und als Subjekt, auch als eingewachsene, von Pilzen verunstaltete, horngelbe und unappetitlich knorpelige Zehennägel in Gartensandalen aus grünem Gummi oder natürlich als immaterielles Holocaustgespenst.
Was ist zu tun? Den Schulkindern sollten nicht mehr Die Leiden des jungen Werther aufoktruiert werden, weg damit – mit diesem Schmutz; die Objektleiter der Museen müssten die drakonische Direktive seitens des Kulturministeriums erhalten, die düsteren Ölschinken von Böcklin und solchen Typen abzuhängen, und diese in den Keller zu tragen; das hehre Ideal der Erziehung und der Erbauung sollte nunmehr Mario Kart für Wii sein beispielsweise, ein modernes Ideal also, ein Ideal, das das Leben und das Licht spielerisch, bewegt und farbenfroh verherrlicht; in der Rezeption leicht wie Gervais Obstgarten und dabei so überaus kathartisch und zuträglich für das unbeschwert seraphische Gemüt unserer Jugend.



8. Dezember 2008