Huren, Wein und die Filets der besten Tiere für alle
Ein von minderwertigem Wein trunkener Mann, der durch den Kot der schummrigen Gassen ins Badehaus stolpert um dort zotige Lieder zu singen und ein Weib zu schwängern, zürnt natürlich zugleich dem Klerus, der sich, wie man sagt, nach oppulentem Prälatenessen im Bordell vergnügt. Je verkommener ein altes Regime ist, desto dämlicher sind scheinbar auch jene, die sich anschicken, es zu reformieren oder gar hinwegzufegen. Das pervertierte Papsttum des Spätmittelalters brachte immerhin Martin Luther oder Thomas Müntzer hervor; Wirtschaft und Politik heute gebiert lediglich lächerliche Kritiker wie die Linkspartei beispielsweise oder Attac, als würde der Ladeluke eines havarierten Supertankers ein geistig behindertes Schaf entschlüpfen.
Man sagte, sie predigen Wasser und trinken Wein, mit der Intention selber Wein trinken zu wollen, und zwar nur von den Trauben höchster Qualität. Man sagt, wir zahlen nicht für eure Krise, mit der Intention, in der Hausse an den Erträgen der hasardeurhaften Wirtschaft teilhaben zu wollen, jedoch in krisenhafter Zeit zu greinen ob der Vertreibung aus dem Warenparadies und sich mit barlachschen Mienen die Nasen an den Scheiben der besten Geschäfte platt zu drücken. Man trinkt gierig und in großen Mengen sehr billigen Kaffee, man verzehrt Rindfleisch und vitaminreiche Südfrüchte, man trägt modische Sportschuhe sowie in fernen Ländern, von Ausländern verfertigte Oberbekleidung, man weist aber, mit vor Erregung zitterndem Zeigefinger, anklagend auf die Mönche, Minister und Manager da oben, da man ihnen den besseren Hebel neidet, die Welt der Neger und Bauern auszubeuten.
Blicke ich in den – im Fernseher abgebildeten – Saal des Bundestages und höre und sehe mir an, was die Politiker zu einem beliebigen Thema sagen, so würde ich mich aus inhaltlichen, ästhetischen wie auch rhetorischen Gründen endgültig mit Grauen abwenden, wenn sich nicht mit mir der geifernde Pöbel abwendete vom Parlamentarismus. Ich bin versucht, wie ein Lehrer überall Logik?, Stil? und Falsch! an den Rand zu schreiben und überhaupt alles mit einem roten Stift vollzukrakeln was dumm ist.
Die Opposition innerhalb und ausserhalb der Herrschaftshäuser, die das Volk zu integrieren vermag, ist – ich wiederhole mich – stets noch geistloser als es die vorherigen Machthaber waren.
Liest man die auf Papier gedruckten Zeitungen, so stehen dort die Agenturmeldungen von gestern darinnen; liest man die digitalen Zeitungen, so tropft das Blut in die Gosse und prominente Partyluder öffnen ihre Schenkel; liest man jene Blogs, die für sich eine Führungsposition, einen quasi journalistischen Anspruch im selbstgeschaffenen Untergrund-Sandkasten proklamieren, so stehen diese, da sie in der Reaktion auf existierende Probleme keine eigenen Ideen zu formulieren im Stande sind, aber auch keine neuen Themen zu lancieren wissen, als narrenhafte, vor allem unverzehrbare und parasitäre letzte Glieder in der medialen Nahrungskette da.
2. April 2009