Zwei Männer fragen nach dem Weg
Heute im späten Nachmittagslicht fügten sich die hochaufgetürmten Cumuluswolken am Horizont so als seien sie ein Gebirge. Unten dunkel, wie ein bläulichschwarzer Nadelwald und oberhalb der eingebildeten Baumgrenze ein Massiv aus kalkweißem Stein. Insbesondere bei zusammengekniffenen Augen sah ich deutlich die weißen Schuttkegel aus denen sich jäh die verschiedenen Gipfel erhoben, die Orte, die sich für Passüberschreitungen anböten oder jene, an denen vielleicht Schutzhütten stünden, in denen die Wanderer zur Nacht unterkämen um im Morgendunst durch geröllreiche Wände schweigsam weiter emporzusteigen.
Später fragten mich auf einem Waldweg zwei Männer wie sie wohl zu einem bestimmten Bahnhof gelängen. Man hatte ihnen, bei einer früheren Frage, wohl diesen Weg genannt, der jedoch tatsächlich nur weiter weg vom Bahnhof führt. Zwei komische Typen, der eine der beiden, der größere, welcher im wesentlichen das Reden besorgte und dessen Gesicht wie ein Vexierbild aus Charles Manson und einem Hasen wirkte, hatte Augen von Elfenbein, zugleich ebenso kühl wie von manischer Glut. Darunter in einem Mund, der sich nicht richtig schließen ließ, zwei riesige Schneidezähne, eben wie die eines Hasens, die übrigen Zähne nur missgebildet und vergilbt oder gänzlich fehlend. Der andere Mann war ein kregeler Zwerg, der einmal den Namen einer sehr weit entfernten Bahnstation krähte, wohl um eine mögliche Alternative beizutragen, und dauernd stark, wie seines Gleichgewichts beraubt, umherschwankte, zum Teil seinen Körper in so unglaubwürdige Winkel zum Erdboden brachte wie die Tierfiguren dieser hölzernen Spielzeuge, die manche Kinder früher hatten. Giraffen oder Esel, aus auf Schnüren aufgereihten Holzkugeln recht stilisiert zusammengefügt, dergestalt auf einer oben verschlossenen und dabei niedrigen Holzröhre stehend, in deren Innerem ein kleiner hölzerner Zylinder eingelassen war, an dem die die Gliedmaßen durchziehenden Schnüre befestigt waren. Drückte man nun den kleinen, als Schalter bestimmten und federgelagerten Holzzylinder nach oben, so erschlaffte das Holztier — jeglicher Anatomie spottend — zusehends um endlich gänzlich ermattet darniederzuliegen. Ließ man nun den gedrückten Zylinder plötzlich wieder los, so schnellte das Tier recht alert wieder in seine ursprünglich aufrechte Gestalt zurück.
Ebenso bewegte sich der eine der beiden Verirrten, wobei mir nicht recht klar wurde, ob die Beiden betrunken oder behindert waren oder gar beides. Jedenfalls gab ich ihnen die richtige Antwort, sagte den Männern, sie müssten umkehren und den bereits beschrittenen Weg einfach zurück gehen und sie würden so den Bahnhof erreichen. Der Mann mit den großen Schneidzähnen bedankte sich knapp und sie gingen, begleitet von einem schwarzen Hund, der während meiner Auskünfte ruhig schnüffelnd um meine Beine gestrichen war, weiter, in die falsche Richtung, tiefer in den Wald hinein in dem es bereits dunkelte. Es schlugen während unseres kurzen Zusammentreffens in allen Richtungen pfeifend Eicheln ein, wobei mir nicht recht deutlich wurde, ob der Schwerkraft und dem Lauf der Jahreszeiten folgend, oder von Eichhörnchen im Affekt mit fahriger Geste von einem der den Weg säumenden alten Eichenbäume hinabgeworfen. Ich beobachtete nämlich vorher im Vorbeilaufen drei Eichhörnchen, die zeternd an der Rinde eines Baumes emporstürmten. Auch prallen jetzt nachts, tief unten auf dem Parkplatz, Eicheln auf die Bleche dort abgestellter Fahrzeuge. Das Geräusch welches hierbei entsteht ist schön.