Hightatras

Duschkopf

Gerade mal mit den Einstellungen des Duschkopfes experimentiert. Man wird ja teilweise regelrecht durchgekärchert und es hebt ein Geräusch an, als wohnte man einem Autorennen bei oder sei als Patient von Ärzten in so eine Tomographieröhre geschoben worden. Ferner besteht die Gefahr drei Stunden lang zu duschen und den einzelnen Einstellungen in Gedanken Farben und treffliche Namen zuzuordnen. Als ich schließlich die Türe der Duschkabine aufschob, gewahrte ich, daß im Raume der Unterschied zwischen Denotat und Signifikat fließend geworden waren. Die Nasszelle ist ja actually zumeist knochentrocken. Der Situation gemäß bediente ich mich also im Adamskostüm eines Wischlappens.

An einem gänzlich anderen Ort, auf dem Bahnsteig einer bedrückend finsteren und unterirdisch gelegenen Bahnstation wurde ich auf eine einzelne makellos schlohweiße Taube aufmerksam, die sich in Gesellschaft der üblichen Stadttauben an Krumen und festgetretenen Kaugummis gütlich tat. Schmutziggraue Punks mit räudigem Gefieder und teilweise verkrüppelten Gliedmaßen. Das gefallene Tier schien zu leuchten im Schein der Neonröhren; noch strotzte sein Federkleid vor fabelhaft reinlichem Glanz. Kein Bock mehr auf Briefe.

Herr No entdeckt ein kleines Eiscafé

Als ich mich neulich anschickte einen Spaziergang im nahen Stadtwald zu unternehmen wegen der ansehnlichen Laubfärbung unter anderem. Es gibt dort ein unscheinbares Eiscafé, ich übersah es wohl bislang, man führt auch Biowaren, aber es ist zweifelhaft möbliert. Ich so, hach ein Eis jetzt, vielleicht noch von guter Qualität. Als ich die gelblackierte Schwingtüre zu der Gaststätte aufdrücke, sitzt da eine Frau mit einer Tennisschlägertasche am Tresen. Mich gewahrend verharrt ihre Espressotassenhand irgendwo zwischen Mund und Tischplatte und stellt sodann zögerlich die Tasse direkt neben den Tisch, daß diese auf dem Kachelboden in 1000 Teile zerschellt und der umherspritzende Türkentrank auch Kleidungsstücke befleckt. Ich so ja hier einmal Heidelbeer-Joghurt, Caramel und Straciatella, was soll man machen, der Betrieb muß ja weitergehen. Dann dampfe ich ab mit meinem Speiseeis und blicke kurz durch die großzügige Fensterscheibe in den Innenraum. Angestellte mit Lappen, rote Ohren und Lassen Sie mal, ich mache das schon. Schön, das ist ja recht schmeichelhaft für mich im Moment, das Malheur ereignete sich schließlich weil ich ein gut bis sehr gut aussehender Mann in den besten Jahren bin, aber das wäre doch nicht nötig gewesen, man bestellt doch solche aromatischen Getränke in erster Linie wegen ihrer vitalisierenden Wirkung und weil sie angenehm temperiert sind. Frauen werden wohl heutzutage nicht mehr ohnmächtig und lassen auch nicht das Taschentuch fallen. Das sind Dinge die es nicht mehr gibt: Mieder mit Fischbein, spitzenbesetzte Taschentücher sowie gezückte Riechsalzfläschen.

Ohnmacht bei Frauen: Relikt längst vergangener Epochen oder zeitgemäße Unpässlichkeit? Sollten Frauen wieder häufiger in Gesellschaft ohnmächtig werden? Was meinen Sie? Ihre Meinung ist gefragt, diskutieren Sie mit!

Im Alleingang (Mit Schokoladenbrunnen)

Goethe wiegt mehr als Musil. War ja klar. Das literarische Equivalent zu Gervais Obstgarten. Aufgedeckt: Wieso Hans Kammerlander und Reinhold Messner so lange Bärte haben. Keine Böcke einen Rasierer einzupacken, wg. zu schwer — diese Memmen. Die letzte große Herausforderung für einen Mann ist es die Welt zu Fuß zu umrunden, nur in Leibwäsche und mit vollkommen nutzlosen Gegenständen im Reisegepäck, wie einem elektrischen Schokoladenbrunnen nebst Dieselgenerator beispielsweise. Dada-Extreme oder wie ich einmal mit Vollmilchschokalade überzogene Weintrauben auf dem K2 verzehrte.

Westend

Ein Pullunder von Lacoste, der noch unentschlossen halbhoch vor dem Kühlregal schwebt und, als plötzlich und unerwartet Phil Collins erklingt, munter und beschwingt zu einem probiotischen Joghurtdrink greift. Die eine junge Frau am Telefon so, ich verdien‘ ja jetzt einsdrei auf die Hand: ich meine Halloooo, wie geil ist das denn? Vermutlich heißt sie Ariane oder Vanessa und ist recht groovy drauf. Einsdrei. Die Kehrseite der Medaille: eine depressiv wirkende Dame in Weiß, die Piccoloflaschen sowie Slimsize-Zigaretten kauft und sich bei ihrem Gang durch die Verkaufsräume reptilienhaft schleppend bewegt, wie auf Tabletten, knapp die Hälfte des marilynmansonartig fahl geschminkten Gesichtes wird von einer ausladend dunkelbraunen Sonnenbrille verdeckt. Prosperierendes Poppertum neben still und mit buddenbrookscher Tragik scheiternden letzten Sprößlingen einst angesehener Bürgerfamilien. Alles bei Rewe-Nahkauf. Gibt aber auch ganz normale Assis hier, die intensiv stinken und mit grobschlächtigen Bewegungen Schnapspullen kaufen.

Der Tag eins nach Oberschledorn

Ich gerate recht plötzlich in Streit mit einem Unbekannten über die Frage ob man Honig mit Wasser verdünnen dürfe. Natürlich nicht, das Werk der Bienen würde so entweiht. Als sich dieser Unbekannte, der sich als H ausgibt, zudem anschickt defekte Computerplatinen in das auf dem Tische stehende, schöne Honigfass zu werfen, eine sinkt bereits langsam blasenwerfend auf den güldenen Grund des irdenen Hafens, eine weitere schlage ich ihm rasch aus der Hand, packe ihn sodann erzürnt am Schlaffitchen und zeige dem hilflos Strampelnden sowie zugleich bald dämonisch, bald schwachsinnig Grinsenden, wo der Maurer das Loch ließ. Draussen vor der Tür greint H herum und macht mir halblaut moralische Vorhaltungen. In einem Popup erscheint meine Mutter — als Mediatorin, wie eine Unterzeile erläutert — das klick ich aber gleich weg. Honigseim ist Honigseim ist Honigseim. Ich dulde in dieser Frage keine Widerrede! Es ist ja nicht einmal so, daß H versuchen würde die Tür einzutreten oder eine Szene zu machen und lauthals Arschloch o.ä. zu rufen, daß die Mietparteien pikiert und in Bademänteln an die Spione treten. Oh my gosh, he is such a windelweicher whacko!

Fledermäuse

Unterhalb der Rudolf-Wissell-Brücke, dort wo sich die Autobahn über die Spree spannt, wohnt eine größere Gruppe von Fledermäusen. Aus dem wuchtigen Betonfundament der Brücke sind an der Fahrbahnunterseite schmale Vertiefungen ausgespart, in denen sich im Halbdunkel schwarze Kabel und Rohre erahnen lassen. Dort fliegen die Tiere in der Dämmerung ein und aus und jagen Insekten, die, vor dem kalten Regen Schutz suchend, unter der Brücke umhertaumeln. Am Tage schlafen die Fledermäuse wohl in diesen Versorgungsschächten obwohl ständig Kraftfahrzeuge über sie hinwegbrausen und der Spannbeton sicher stets in leichter Schwingung begriffen ist. Manche Menschen haben ihre Wochenendgrundstücke direkt unter der Autobahn, auch gibt es eine Gaststätte, die im Schatten der massiven Brückenpfeiler nahe eines finsteren Tunnels gelegen ist. In dem Tunnel tropft das Wasser hallend von der Decke und manchmal scheppern olle Büchsen über den Boden. Früher pflegten wir dort mit Himbeergeschmack ummanteltes Vanilleeis am Stiel zu holen; wer beim Tischtennis verloren hatte, zahlte, so sah es eine eherne Regelung vor.

Ostdeutschland riecht nach Wurst und Weichspüler

Ich bin mir nicht schlüssig ob mich die Bevölkerung der deutschen Provinz so befremdet, ihre schwieligen Pranken, die mangelhafte Schöngeistigkeit und das daraus resultierende rüde Auftreten, oder ob es speziell die männliche ostdeutsche Landjugend ist. Diese von Aknepusteln gezeichneten, grünschnäbligen Bundeswehrsoldaten, die im gleichen Eisenbahnabteil sitzen, deren Gespräche ich lieber nicht hören würde, mir aber nicht die Ohren zuhalten kann, da ich im Begriff bin einen Apfel zu essen. Solche Kanaillen sind nicht mal im Sinne der Landesverteidigung tauglich, ich bezweifle, daß diese Rotzlöffel im Dunkeln einen Lichtschalter finden, geschweige denn ein Maschinengewehr richtig zusammensetzen können. Das Heer besteht wohl aus Idioten, eigentlich gut, führt — nach einigem hin und her und aus dem Fenster blicken — der sonst schweigsame pazifistische Teil meines Gehirns aus, so geht von Deutschland keine ernstliche Bedrohung mehr aus, da die Truppe durchsetzt ist von Amechanie, von unfreiwillig schwejkscher Sabotage: Panzer die im Schlamm stecken bleiben, Granaten die in den eigenen Gräben explodieren und fettleibige Soldaten, für die befohlene Gewaltmärsche bereits nach fünf Kilometern enden mangels Kondition. Der Marsch auf Stalingrad könnte also heute nur in klimatisierten Reisebussen durchgeführt werden und würde so schon recht bald, vermutlich an der Grenze zu Polen vereitelt werden. Wenn wenigstens Demut das Produkt nächtlicher Übungen im Schlamm wäre, hätte die Bundeswehr doch eine für mich immerhin nachvollziehbare und sinnvolle Funktion. Äpfel esse ich unterwegs immer im Ganzen, lediglich den Stiel verschmähe ich und werfe ihn fort. Zuhause jedoch mache ich mir Äpfel mit dem Messer zurecht, entferne das Kerngehäuse und den verschrumpelten Blütenansatz.

Diariophobia

Das pathologische Meiden der prominenten Verwendung des Personalpronomens ich in Weblogeinträgen.

Maschinelles Geräusch raubt mir die Nachtruhe

Ein Schlafzimmer mit weißen Vorhängen, in dem sich sowohl der Ruf der Möwe vernehmen lässt, als auch, träte man auf den Balkon, sich ein frühnebelverhangenes Gebirge dem Blicke darböte. Zunächst dringt allerdings ein Sondereinsatzkommando der Bundespolizei in die Nachbarwohnung ein und vernichtet einen verwaisten Wecker, der seit fünf Uhr dreissig pausenlos elektronisch läutet. Durch klafterdicken Beton, zwei in den Gehörgang eingeführte Schaumstoffpfropfen und einem zusätzlichen, zum Behufe der Schallisolierung auf meinem müden Haupte drapierten Kopfkissen bahnt sich das penetrante Piepsen — schier ungehindert — einen Weg in mein Gehirn. Das Gerät wird mit Hämmern und schweren Stiefeln ausgemerzt, ganz so wie es der Befehl vorsah. Vielen Dank, ich biete, mit einem reinseidenen, drachenmotivbestickten Morgenmantel bekleidet, feinste Pralinés an. Und die Beamten langen ordentlich zu.

Während einer langen Bahnfahrt klagt Reisende A über Langeweile. Ich schlage ein U-Bahnstationenquiz vor — gesagt, getan. Ich so: hellblaue Kacheln, das leise Plätschern eines Brunnens und das Rauschen von Autos, deren Reifen, aufgrund der Streckenführung sowie überhöhter Reisegeschwindigkeit, gelegentlich etwas quietschen. Um welchen Berliner U-Bahnhof handelt es sich? Sie so: grübel, grübel, grübel. Ich so: Ey, das ist voll einfach Alter, ’ne richtig krasse Babyfrage, Mann!

Marstransit oder sowas

Kürzlich hing der Mond groß und träge unweit des Horizontes, dunkelorange, fast rostrot glühend, wie ein überreifer, bereits halbseitig von Schimmel überpelzter Pfirsich den qualitätsbewusste Verbraucher an der SB-Theke beiseite legten.